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Kalkflachmoor Schaalsee: Der Moorfrosch ist zurück

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20/05/2022

Nachhaltigkeit, Gesellschaft |

Es quakt wieder im Kalkflachmoor. Lange Zeit war der Moorfrosch im Biosphärenreservat Schaalsee nicht mehr zu hören. Entwässerungen und die Trockenheit der vergangenen Jahre hatten seinen Lebensraum zerstört. Doch jetzt ist der Moorfrosch wieder da. Er zeigt damit an, dass die Renaturierung des trocken gefallenen Moores erfolgreich verläuft.

[Titelbild:  Moorfrosch im Kalkflachmoor, K. Jarmatz, Biosphärenreservat Schaalsee-Elbe]

 

Naturschutzprojekt schafft wieder Lebensraum

„Mit dem Naturschutzprojekt am Kalkflachmoor haben wir das Moor wieder vernässt und den ursprünglichen Lebensraum des Moorfroschs wiederhergestellt“, erklärt Sven Herzog vom Biosphärenreservat Schaalsee. Davon profitierten auch andere seltene und gefährdete Tiere und Pflanzen wie etwa der Laufkäfer und die Binsenschneide – und langfristig auch das Klima, denn Moore sind die besten Kohlenstoff-Speicher. Sie zu erhalten beziehungsweise zu renaturieren ist ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel.

 

Die Renaturierung des Kalkflachmoors am Schaalsee war ein Förderprojekt im Rahmen der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union. Die Europäische Union finanzierte die Baumaßnahmen, viele weitere Partner stellten Flächen bereit . Coca-Cola Deutschland unterstützte das Projekt mit 100.000 Euro. Bild: Kai Bublitz / Coca-Cola

 

Finanziert wurde das Projekt mit staatlichen Fördermitteln. Doch für begleitende Aufgaben reichten diese Gelder nicht aus. Dazu gehörten die jährliche Mahd der Orchideenwiese und das wissenschaftliche Beobachten von Pflanzen, Tieren und Wasserständen. Diese Maßnahmen waren für den Erfolg des Projektes äußerst wichtig. Deshalb hat sie Coca-Cola Deutschland mit 100.000 Euro unterstützt.

 

Der Preis für Kalk und Torf: die Gesundheit des Moores

Um Kalk und Torf zu nutzen, entwässerten die Menschen bis in die 1960er-Jahre das Moor. Der Kalk diente als Dünge- oder Löschkalk, der Torf als Brennmaterial für die Kalkbrennerei. „Hier in diesem Bereich waren es rund ein Dutzend“, sagt der 54-jährige Mecklenburger. Jahrzehntelang lag das Moor brach, hat sich etwas stabilisiert. Aber die Gräben tun ihren Job noch heute: sie leiten das Wasser aus dem Moor. Dazu kam, dass die letzten Jahre sehr trocken waren. „Das hat dem Kalkflachmoor weiter zugesetzt. Wir mussten handeln“, sagt Herzog.

Sven Herzog am Stauwehr. Bild: Elke Dornblut / Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe

 

Das Wasser sollte steigen - und alle mussten mit ins Boot

„Um das Moor wieder ausreichend mit Regenwasser zu versorgen, mussten wir die künstliche Entwässerung stoppen“, sagt der Experte. Was so einfach klingt, war in der Praxis herausfordernd. Die erste Hürde: Alle mussten zustimmen, die Kommunen, die Eigentümer der Flächen und Anrainer wie der örtliche Sportverein.

Der Aufwand für so ein Projekt ist groß. Aber wenn am Schluss alle zufrieden sind – die Stadt, das Amt, die Baufirmen – und ich sehe, wie sich die Natur erholt, dann ist das schön. Dann hat man was erreicht. Und das macht mich zufrieden.“

Sven Herzog

Herzog kennt die unterschiedlichen Interessen, die bei einem Renaturierungsprojekt verhandelt werden müssen. Das öffentliche Interesse – also der Biotopschutz – steht manch anderem gegenüber: Was passiert beispielsweise mit dem angrenzenden Sportplatz, wenn das Wasser steigt? Wie sieht es mit dem beliebten Wanderweg aus? Lassen sich wiedervernässte Flurstücke weiter landwirtschaftlich nutzen? „Wir haben für alles Lösungen gefunden!“

 

Von Ketten, Mönchen und Matratzen

Das Renaturierungsprojekt begann im Dezember 2020. Die Wintermonate sind ideal für Moorbauarbeiten: das Wetter stabil, der Untergrund verhältnismäßig trocken. Kettenbagger und Dumper – eine Art fahrbare Riesenschubkarre – rollten heran.

Kleinbagger im Einsatz: Zu Beginn des Renaturierungsprojekts wurden Arbeitsstraßen durch das Moor angelegt. Bild: Sven Herzog / Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe

Der Auftrag der Bagger: den natürlichen Wasserhaushalt im Moor wiederherstellen. Dazu rammten die Männer hölzerne Spundwände in den Boden, legten regulierbare Stauwehre – sogenannte Mönche – an und schütteten Entwässerungsgräben zu.

Stauwehre – sogenannte Mönche - regulieren den Wasserspiegel, indem sie unterschiedliche Wasserniveaus ausgleichen. Bild: Sven Herzog / Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe
 

„Zu unserer Überraschung gab es Regen. Fünf Wochen lang. Es war die reinste Schlammschlacht!“, erinnert sich Sven Herzog. Die Maschinen sanken ein. Gummistiefel blieben stecken. „Unsere Nerven lagen blank“. Nichts ging mehr. „Baggermatratzen mussten her – das sind Holzbohlen: fünf Meter lang, einen Meter breit, zehn Zentimeter dick. Die waren aber gerade ausgebucht.“

 

Hölzerne Spundwände wurden bis zu vier Meter in den Boden getrieben, um das Wasser zurückzuhalten. Bild: Sven Herzog / Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe

 

Nur einige Monate später: Das Wasser stieg

Im März 2021 waren die Baumaßnahmen abgeschlossen. „Schon zu diesem Zeitpunkt haben wir gesehen, dass das Regenwasser im Moor gehalten wird“, sagt Sven Herzog. Ein großer Erfolg, den die Daten der Pegelmessgeräte bestätigten. Ein ganzes Netz automatischer Wassermessstationen hatten die Experten zuvor im Kalkflachmoor aufgestellt. Sie messen automatisch in Echtzeit. Coca-Cola Deutschland finanzierte die Technik für das hydrologische Monitoring.

Ranger Peter Heyens zeigt den Zielwasserstand. Bild: Kai Bublitz / Coca-Cola

Sven Herzog und sein Team laden die Daten alle sechs Monate per Laptop herunter. Sie müssen die Pegelstände nicht wie bisher alle vierzehn Tage von Hand ablesen. So macht hydrologisches Monitoring Spaß: „Die Daten sind viel genauer und wir bleiben die meiste Zeit trocken.“  Auch die Landschaft wird laufend beobachtet. Im Fokus der Wissenschaftler_innen stehen Binsenschneide, Torfglanzkraut und Libelle. „Damit können wir erst beurteilen, wie erfolgreich unsere Moorschutzmaßnahmen sind und ob wir nachsteuern müssen“, sagt Herzog. 

Mit dem Wasser kehrte der Moorfrosch zurück

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Der Moorfrosch siedelte sich wieder in Bereichen an, die vor den Baumaßnahmen nur wenig überflutet waren. Er war ein Vorbote – ein „schneller Wiederbesiedler“, wie es nüchtern im Fachjargon heißt. Andere Arten brauchen länger. Warum? „Raumwiderstände“, sagt Herzog knapp. Übersetzt für den Laien bedeutet das: Barrieren wie intensiv bewirtschaftete Ackerflächen, Straßen und Siedlungen erschweren die Wanderschaft zum Kalkflachmoor. 

Bild: Moorfrösche im Kalkflachmoor.  Quelle: Ulrike Müller / Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe

„Die Wasserralle haben wir schon rufen hören. Wir hoffen, dass auch das Blaukehlchen und die Kolbenente bald zurückkommen“, sagt Sven Herzog. Dann hören wir noch viel mehr als das Quaken der Moorfrösche im Kalkflachmoor.

 

Die Wasserralle: ein Video der Heinz Sielmann Stiftung

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Das nächste Projekt: Die Renaturierung des Roggendorfer Moors

Sven Herzog bereitet schon das nächste Projekt vor: die Renaturierung des Roggendorfer Moors. Es liegt 17 Kilometer nördlich vom Kalkflachmoor. Im Winter 2023/2024 – so der Plan - rollen Bagger und Dumper an. Diese Jahreszeit ist ja bekanntlich ideal für Moorbauarbeiten … Herzog lacht: „Die Baggermatratzen sind schon reserviert!“ Sicher ist sicher. Sicher ist auch: Coca-Cola Deutschland ist wieder dabei!

Sven Herzog

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Als Mecklenburger Landschaftsarchitekt und Ingenieur arbeitete Sven Herzog in der freien Wirtschaft, bevor er 2014 zum Biosphärenreservat Schaalsee kam. Dort begleitet der 53-jährige Naturschutzprojekte. Das braucht viel Erfahrung und einen langen Atem. Von der Planung bis zum Abschluss der Bauarbeiten können 10 Jahre und mehr vergehen. Herzog ist auch Bürgermeister der kleinen Gemeinde Brahlstorf und setzt sich für die Interessen der Menschen in der Region ein.

Bild: Elke Dornblut / Biosphärenreservatsamt Schaalsee.